METROPOL-THEATER IN LANDSBERG: „SLIPPERY SLOPE – ALMOST A MUSICAL“

Vorsicht, Rutschgefahr!

Metropol-Theater in Landsberg: „Slippery Slope – Almost a Musical“

Was darf man sagen? Oder ist das eigentlich egal, weil überall doch nur noch Fettnäpfchen warten? „Slippery Slope - Almost a Musical“ von Yael Ronen und Shlomi Shaban beobachtet erfrischend unpompös und geerdet die Untiefen der Cancel Culture.

Landsberg – Es geht um Klicks. Ob etwas „wahr“ oder „richtig“ ist: zweitrangig – Hauptsache, man schreit laut genug. Die Protagonisten von „Slippery Slope“ sind Weltmeister darin, sich ‚schlüpfrige Abhänge“ hinunterzustoßen – um dann selbst mitgerissen zu werden. Denn irgendwo hat jeder eine Leiche begraben. Ein erfrischend unterhaltsames ‚Beinahe-Musical‘, dem ein Schuss Energie fehlt.

Metropol-Theater in Landsberg mit „Slippery Slope“ - Cancel Culture vom Feinsten

Da ist er, der ‚alte, weiße Mann‘: Gustav (René Dumont), früher mit Pop-Kulturen-Gemenge erfolgreich – vom Beduinenklischee zum Natur-Lappland-Gedöns – bekommt einen Preis. Beim Auftritt helfen soll Sky (Stephanie Marin), eine Roma, die er – sagt er – berühmt gemacht hat, inklusive Liebesaffäre mit der damals (vielleicht doch unter) 18-Jährigen: „Höhere Gewalt, es musste geschehen.“ War alles nicht so, sagt Sky: „Deine Erinnerung ist falsch, alter Mann“, Hashtag MeToo. Denn nach der Tour geht Gustav zurück zu Frau und Kindern. Gustavs Karriere jetzt nochmal antreiben? No way, ist Sky doch selbst inzwischen ein in die quietschbunten Pop-Höhen aufgestiegener TikTok-Star. Doch wie das so ist in den Sozialen Medien, gerät sie selbst ins Kreuzfeuer des Shitstorms: kulturelle Aneignung, schreien die Kanäle.

Yael Ronen und Shlomi Shaban belassen es nicht bei Gustav und Sky. Dazu kommen Gustavs Frau Klara (Judith Toth), mächtige Zeitungsverlegerin, deren Karrierestart mit dem Verzicht auf die Veröffentlichung eines pikanten Artikels Fahrt aufnahm; und Klaras investigative Starjournalistin Stanka Sto (Ina Meling), deren Enthüllungswut auch mal den Opfern zu viel wird. Jeder spielt gegen jeden und niemand ist ohne Schuld. Oder: Vor dem Brüllen tut Nachdenken gut.

Doch ein Musical - mit begeisternden Stimmen

Regisseur Philipp Moschitz, selbst in herrlich pointierten Nebenrollen mit auf der Bühne, packt schrille Pop-Auftrittte neben eiskalte Abgeklärtheit, Egozentik neben Fähnchen im Wind, brachialen Ehrgeiz neben blumige Naivität. An ein paar Ecken laufen die Pointen ins Leere – eine Portion Überzeichnung hätte da gut getan. Das Ensemble begeistert, singstimmlich vor allem Marin und Moschitz. Die Musik in diesem (wir finden, es ist eins) Musical serviert den älteren Protagonisten Jazz und Blues, tunkt die jüngeren in Rap und Glitterpop. Oder vereint alle im wortstrotzenden Accusation-Song.

Die Kostüme (Cornelia Petz) schrillen Wokeness oder flüstern Coolness – gemäß dem von jedem präferierten Selbstbild: Sein ist Schein. Eine Aussage, hinter der auch das schlichte, aber suggestive Bühnenbild (Thomas Flach) steht: Ein glitzernder Vorhang umrahmt die Bühne, auf der, wie bei einer Matrjoschka, Rahmen in Rahmen steckt. Jeder birgt eine Geschichte, jede in einer anderen Version. Das Original sucht man vergeblich.

Das Publikum belohnte die Ensembleleistung mit großem Applaus.

Das Metropol Theater hat in Landsberg bereits ein Stück von Yael Ronen gezeigt - mehr dazu lesen Sie hier.

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