GAYLE TUFTS IM TIPI BERLIN: WAS HAT DIESE FRAU FüR EINE LEBENSFREUDE!

Was hat diese Frau für eine Energie! Und was für eine Stimme! Was für eine Lebensfreude! Und was für einen Witz! Dabei durchmisst Gayle Tufts schon ihr siebtes Jahrzehnt auf dieser Erde, wie sie im Tipi unverblümt erzählt, wurde sie doch 1960 in Massachusetts geboren. Ihr neues Programm „Please Don’t Stop the Music“ ist denn auch eine sehr persönliche Zeitreise mit Songs und Geschichten – schwungvoll und klug, offen und herzlich, ernsthaft lustig und lustig ernst.

Im Dezember stand es in der Bar jeder Vernunft auf dem Spielplan, nun ist es in größerer Version ins Tipi am Kanzleramt gewandert (Regie: Christopher Tölle). Die Karriere von Gayle Tufts fing im Grunde mit der Girlgroup The Supremes an, die sie als Vierjährige im Fernsehen sah und sofort imitierte. Großartig singt sie deren „Stop! In the Name of Love“ und wechselt mühelos zu den aus Sachsen stammenden Jacob Sisters (mit den weißen Pudeln!), der ersten deutschen Frauenband, die deren Hit als „Was hab’ ich Dir getan!“ herausbrachte. Mit Klassikern und eigenen Kompositionen des ihr seit 14 Jahren treuen Pianisten Marian Lux bringt Gayle Tufts das Tipi zum Juchzen, Kreischen, Mitklatschen.

Als sie in New York studierte, kam sie mit späteren Stars wie Patti Smith, Madonna, RuPaul oder Lou Reed in Kontakt. In Berlin, wohin sie erstmals 1984 flog, ehe sie 1991 endgültig übersiedelte, helfen ihr der Journalist Matthias Frings und der „Quatsch Comedy Club“-Erfinder Thomas Hermanns weiter. Dank ihres Charmes kann sie mit all dem angeben, ohne dass man es ihr als Namedropping verübeln würde. Vom Disco-Schlager bis zu „Auferstanden aus Ruinen“ ist das ein Rückblick ohne Bedauern und mit wunderbar vielen Facetten.

Und dann ist da noch diese Rede der Berliner Mauer, als die sich Gayle Tufts mal kurz verkleidet, und die sagt, dass sie das alles eigentlich gar nicht wollte, wofür sie ab 1961 eingesetzt wurde. Eine hübsche Idee und passgenau in Gayle Tufts’ transatlantisches Dasein eingebettet. Getragene Töne mischen sich mit wilden Hits, Cole Porters „From this Moment on“ im 6/8-Takt zu „Don’t go“ des britischen Synthiepop-Duos Yazoo. Eine Tänzerin und ein Tänzer in leicht fetischhaften Kostümen erinnern mit wild-erotischen Choreografien an das ausgelassene Nachtleben, an das auch Gayle Tufts gern zurückdenkt. Die leiseren Nummern grundiert Johannes Severin am Cello wie einen schönen Cocktail mit Wermut.

Ob Trump wieder Präsident der USA wird, wie sie 2017 den deutschen Einbürgerungstest bestand und dass sich keine Frau für ihren Körper schämen sollte, darüber spricht Gayle Tufts in ihrem legendären „Dinglish“, dieser akrobatischen Mischung aus Deutsch und Englisch, etwa so: „I can take it with Humor!“ Und während sie feststellt, dass die Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte immer mehr werden, fällt ihr ihre Mutter ein, die oft sagte, dass die Zeit fliegt. Wie wahr, aber mit Gayle Tufts ist das gar nicht schlimm, denn bei ihren Auftritten steht sie einfach für ein gutes Weilchen still.

Gayle Tuft: Please Don’t Stop the Music. Bis 22. Mai, 20 Uhr, So. 19 Uhr, Tipi am Kanzleramt, Tel. 39066550

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