ÜBERFORDERUNG IM JOB - STRESS IM HOMEOFFICE ENTSTEHT, WEIL UNSER GEHIRN NICHT MEHR ABSCHALTEN KANN

Die Arbeit von zu Hause aus kann eine Herausforderung sein, insbesondere wenn es darum geht, Arbeit und Freizeit zu trennen. Dr. Eva Elisa Schneider, Expertin für mentale Gesundheit, gibt Tipps, wie man den Übergang zwischen Arbeit und Freizeit im Homeoffice besser gestalten und Stress reduzieren kann.

Wie kann man den Übergang zwischen Arbeit und Freizeit im Homeoffice besser gestalten, um Stress zu reduzieren?

Wir machen oft den Fehler, im Homeoffice keinerlei Trennung zwischen Arbeit und Freizeit vorzunehmen: Der Laptop steht auf dem Esstisch, das Notizbuch liegt neben dem Bett, das Arbeitsdokument auf dem Couchtisch. Es hilft sehr, eine räumliche Trennung vorzunehmen und alle arbeitsbezogenen Sachen an einem festen Ort zu Hause zu haben. Außerdem sollte man nach Feierabend den Laptop wenn möglich außer Sicht- und Reichweite legen und keine Zugänge zu Arbeitsinhalten auf dem privaten Handy haben. Der Griff zum Handy und der Blick ins Mailpostfach gehen nämlich schnell und so wird man rasch wieder mit Arbeitsthemen konfrontiert, obwohl das Gehirn eigentlich abschalten möchte.

Außerdem empfehle ich, nach dem Homeofficetag bewusst die Wohnung zu verlassen und den Kontext zu wechseln, z.B. für einen Spaziergang, für Sport oder soziale Aktivitäten. Wir müssen unserem Körper und Geist etwas Transitionszeit geben, um raus aus dem Arbeitsmodus und rein in den Freizeitmodus zu wechseln - früher war das die Bahn- oder Autofahrt nach Hause, heute müssen wir diese Übergänge selbst herstellen.

Wie kann man Entspannungstechniken in den Arbeitsalltag integrieren, um Stress abzubauen?

Entspannung sollte nicht nur zu einem Zeitpunkt, sondern am besten über den ganzen Tag hinweg mehrfach stattfinden. Natürlich müssen wir nicht mehrmals am Tag 60min Yoga machen, sondern es geht darum, gezielt kurze Pausen von 5-10min einzubauen, in denen die geistigen Anstrengungen kurz ruhen können. Sprich: Fenster öffnen, kurz rausgehen, sich strecken, ein paar tiefe Atemzüge, eine Mini-Meditation, oder Ähnliches.

Wir können unserem Körper & Geist schon durch kleine Mikropausen sehr viel Gutes tun und fühlen uns Abends dadurch weniger erschöpft. Eine tolle Technik für regelmäßige Pausen ist die Pomodoro-Technik: Man arbeitet 25min, macht dann 5 min Pause, arbeitet dann wieder 25min, 5min Pause, usw. . Dafür gibt es im Internet tolle Timer, die einem dafür helfen, z.B. pomofocus.io .

Welche Ressourcen oder Tools können helfen, den digitalen Stress zu bewältigen und die mentale Gesundheit zu fördern?

Generell empfehle ich, Computer- und Handyzeit mal bewusst zu messen. Auf dem Handy gibt es z.B. wöchentlich eine Statistik, wie viel Zeit man am Bildschirm verbracht hat. Das öffnet einem oft die Augen. Am Computer ist es ratsam, Aufmerksamkeit erhaschende Dinge wie Töne, Benachrichtigungen und Pop-up Fenster auszuschalten, um nicht ständig abgelenkt zu werden. Im Schnitt werden wir bei der Arbeit nämlich alle 4 Minuten unterbrochen - da kann man kaum fokussiert arbeiten. Deshalb müssen wir dafür sorgen, ein störungsfreies Umfeld zu schaffen, sodass unsere Aufmerksamkeit bei einer Sache bleiben kann.

Es hilft dafür auch sehr, alle Anwendungen wie z.B. das E-Mail Postfach und Kommunikationsplattformen auszuschalten und nur zu festgelegten Uhrzeiten zu öffnen, ähnlich wie bei einer Telefonsprechstunde. Das kann sehr förderlich sein, wenn man sich tief in eine Aufgabe reinarbeiten möchte.

Welche Techniken zur Stressbewältigung sind besonders effektiv? 

Stress ist nicht immer gleich Stress. Viele Menschen denken bei Stressbewältigung nur an Entspannung, dabei ist Entspannung gar nicht immer das Allheilmittel. Man kann drei unterschiedliche Formen von Stressmanagement unterscheiden:

  1. Erstens das instrumentelle Stressmanagement. Das bezieht sich auf all das, was uns im Arbeitsalltag stresst, z.B. zu wenig Zeit, zu viel workload, etc. . Da geht es darum, zu lernen, wie man Prioritäten setzt oder sich gut organisiert.
  2. Die zweite Form ist das mentale Stressmanagement: Das sind all die inneren Glaubenssätze, die wir über uns haben, wie z.B. „Ich muss alles perfekt machen!“. Das mentale Stressmanagement zielt darauf ab, diese inneren Annahmen zu verändern und dadurch Stress zu reduzieren, der innerlich entsteht.
  3. Bei der dritten Form, dem regenerativen Stressmanagement, geht es dann um Entspannung. Das regenerative Stressmanagement zielt darauf ab, zur Ruhe zu kommen, indem man z.B. regelmäßige Pausen einlegt und ausreichend Ruhezeiten hat. Ein erfolgreiches Stressmanagement richtet sich also vor allem danach, wo der Stress entsteht - wenn man Probleme mit dem Zeitmanagement hat, so sollte man eher gucken, wie man sich besser organisiert (=instrumentelles Stressmanagement), statt Entspannungskurse zu besuchen (=regeneratives Stressmanagement).

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