GIORA FEIDMANN GASTIERT MIT „REVOLUTION OF LOVE“ IM ALLGäU – EIN INTERVIEW

Liebe ist die Botschaft

Giora Feidmann gastiert mit „Revolution of Love“ im Allgäu – Ein Interview

Am Sonntag, 28. Juli, kommt der international gefeierte Klarinettist ­Giora Feidman ins Kurhaus von Bad Wörishofen. Um 19 Uhr präsentiert er dort zusammen mit dem litauischen Pianisten Vytis Šakuras sein neues Programm „Revolution of Love“ aus der Feder des Komponisten Majid Montazer.

Bad Wörishofen – Feidman und Sakuras nehmen das Publikum mit auf eine emotionale Reise mit einem großen Ziel: Der Liebe zwischen den Völkern und Kulturen weltweit. Unsere Zeitung hat ihn vor seinem ­Allgäu-Auftritt zum Interview getroffen.

Herr Feidman, gerade war Soundcheck. Alles gut gelaufen?

Feidman: „Ja, der Soundcheck ist für uns Musiker äußerst wichtig, um die Örtlichkeit kennenzulernen, sich mit dem Raum vertraut zu machen. Jeder Saal ist komplett anders. Hier mit Klarinette und Klavier hat es 15 Minuten gedauert. Mit einem Sinfonieorchester natürlich länger. In jedem Fall ist der Soundcheck für uns unverzichtbar.“

Nach ihrer letzten Tour „Friend­ship“ nun der Titel „Revolution of Love“ – eine emotionale Steigerung?

Feidman: „Ja. In ‚Revolution of Love‘ geht es um die unerlässliche Wichtigkeit der Liebe zwischen unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Als Jude kann ich Ihnen ein Beispiel geben: Die tiefgreifende Veränderung der Beziehung zwischen Deutschen und Juden heute ist der höchste Ausdruck von Menschlichkeit auf diesem Planeten. Das nenne ich Revolution.

Es gibt so viele Ansätze in der Musik oder jeder anderen Form der Kunst, unterschiedliche Menschen zusammenzubringen. Nicht nur hier und heute. Ich habe so viele Momente in der Kunst erlebt, die Liebe erzeugt haben. Kunst allgemein zeigt uns immer wieder Farben, von deren Existenz wir nichts geahnt hätten. Kunst an sich vereint uns, bringt uns Frieden.“

Was ist das Besondere an der Zusammenarbeit mit Majid Montazer und an den Interpretation seiner Musik?

Feidman: „Meine Rolle ist hier nur eine einfache. Alle Impulse und Ideen zu ‚Revolution of Love‘ kommen vom Maestro, meinem Komponisten Majid Montazer. Er hat 99 Prozent dazu beigetragen. Seine Musik verkörpert unsere innersten Gefühle und trägt sie nach außen. Das ist in der Musik sehr außergewöhnlich. Nehmen wir Titel wie Nostalgie, Freundschaft, Glück – dann lässt uns seine Musik genau das fühlen. Von der Seele her kennen wir beide uns schon sehr lange und dann hat Gott unsere Körper schließlich zueinander geführt. Körperlich sind wir getrennt, aber unsere Seelen sind wirklich eins.“

Schon öfter betonten Sie, der allererste Ton am Beginn eines Konzerts sei extrem wichtig, um einen Zauber in Gang zu setzen....

Feidman: „Jedes Mal, wenn ich ein Konzert gebe, warte ich den ganzen Tag über auf diese erste Note. Schon vor dem Aufstehen. Der erste Ton öffnet das Tor der Seele. Nicht nur meines, sondern das eines jeden Zuhörers. Ich sag es frei heraus, für mich ist die erste Note wie die erste Liebe. Und ist es dann soweit, komme ich heim, dann bin ich auf meinem Planeten.“

Musikalisch ebenso wichtig für Sie: Die innere Stimme...

Feidman: „Ja, natürlich. Doch das Problem ist, dass es so viele Leute gibt, die nicht wissen, dass sie eine innere Stimme besitzen. Als Baby kennt man sie noch, aber dann verliert man den Bezug dazu. Wir müssen etwas wiederfinden, was eigentlich schon immer da war. Ich unterrichte nicht mehr, weil ich zu viel unterwegs bin. Aber ich habe immer gesagt, schließ die Augen und sing die Melodien, die du da gerade spielst, und entdecke deine innere Stimme, den einzigen Weg zu deiner Seele. Sonst ist alles, was du spielst, eine Lüge. Darum geht es. Um mehr nicht. Ich glaube nicht an Talent. Ich nehme die Klarinette in den Mund, aber sie ist verbunden mit meiner inneren Stimme, und diese hören wir dann. Mein Vater sagte immer ‚nimm die Klarinette nicht um zu spielen, sondern um zu singen!‘ Er war ein unglaublicher Lehrer. Die Klarinette ist das Mikrofon meiner Seele.“

Seit Jahrzehnten feiert man Sie auch als Botschafter der weltweiten Völkerverständigung. Was hat das mit Kunst zu tun?

Feidman: „Mein Vater sagte, du bist ein Diener der Gesellschaft, du trägst eine spirituelle Verantwortung. Das habe ich in meinem Blut. Kunst ist ein Instrument für Liebe und Frieden – von Natur aus. Das Baby sagt zur Mutter: ‚Willst Du mit mir kommunizieren, sing mir vor.‘ Das Kind im Schoß der Mutter strampelt nicht, es tanzt. Wir können das nicht mehr so, wie als Baby. Aber tanzen und singen ist unsere natürliche Kraft.Der Rest ist Training. Man muss schon üben! Gott sagt, ich geb Dir alles – aber nicht gratis.“

Kann Musik uns von bösen Gedanken heilen?

Feidman: „Oh, ja! Keine Frage! Ich bin jetzt 88. Eine Zahl, aber ich fühle mich sehr jung. Gib mir Konzerte an 300 Abenden, dann spiele ich 300 Abende. Ich habe einen Lufthansa-Pyjama, einen Alitalia-Pyjama… (lacht) Ich schlafe in Flugzeugen. Mein Zuhause ist die Welt. Ich brauche nirgendwo einen Übersetzer für meine Musik.“

Wenn Sie für den heutigen Abend einen Wunsch frei hätten, welcher wäre das?

Feidman: „Dass ich das Privileg haben darf, den Menschen Liebe und Frieden zu geben. Dafür gehe ich auf die Bühne, egal wo.“

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