GEMüNDENER KONZERTAGENTUR DEPRO: FIRMENGRüNDER MICHAEL DEUKER ZIEHT SICH NACH 40 JAHREN ZURüCK

Karriere unter Volldampf mit Pop und Pep

Gemündener Konzertagentur Depro: Firmengründer Michael Deuker zieht sich nach 40 Jahren zurück

40 Jahre alt wird die Gemündener Konzertagentur Depro. Was in einem Dachboden-Büro im örtlichen Steinweg begann, ist zum Schwergewicht in der Konzert- und Verlagsbranche geworden. Wir blicken auf die Geschichte der Firma zurück, deren Gründer Michael Deuker sich jetzt zurückzieht.

Gemünden – 16. Juni 1987. Sport- und Kulturhalle Gemünden im Landkreis Waldeck-Frankenberg. Es sind nur noch wenige Minuten bis zum Konzertbeginn. 2300 Zuschauer warten voller Vorfreude auf einen Engländer und seine markante Reibeisenstimme. Auf Joe Cocker.

Besagte wenige Minuten vor dem Konzertbeginn stehen zwei Männer mittleren Alters im Foyer. Es handelt sich um die Chefs der seinerzeit renommierten Kasseler Konzertagentur Aries. Sie können nicht glauben, was sie dort erleben. Joe Cocker auf Deutschland-Tournee auch in Gemünden. 2300 Zuschauer. In der Provinz. Aber nicht in Kassel.

„Die haben gedacht, das kann doch gar nicht sein, dass so etwas im beschaulichen Gemünden läuft – anstatt in Kassel, wo Konzerte mit solchen Stars fast an der Tagesordnung waren“, erinnert sich Michael Deuker noch heute ganz genau an jenen 16. Juni 1987, der seiner Konzertagentur den bundesweiten Durchbruch brachte.

Der heute 65-Jährige schmunzelt, wenn er an diesen Abend denkt. Wehmütig wird er aber, wenn er gedanklich in die Gegenwart zurückkehrt. Denn im 40. Jahr des Depro-Bestehens gibt Michael Deuker die Zügel aus der Hand. Aus gesundheitlichen Gründen.

Sein Nachfolger als Geschäftsführer in der Depro Dienstleistungen GmbH ist Christian Schmidt. Der 51-Jährige betritt kein Neuland. Denn von 2001 bis 2014 arbeitete er bereits für Depro, bis er in die Geschäftsleitung der Hessenhalle in Alsfeld wechselte. „Aber nicht, weil wir uns nicht mehr verstanden hatten. Ich wollte damals für eine Weile mal etwas anderes kennenlernen“, schildert Schmidt. Anfang 2023 kehrte er zu Depro zurück: „Michael Deuker hatte mich gefragt, ob ich nicht wieder nach Gemünden zurückkommen möchte. Zwischen uns war immer alles cool.“

Der neue Geschäftsführer ist überzeugt, dass seine Erfahrungen aus der Alsfelder Zeit ihm jetzt bei Depro nützlich sein werden. Immerhin gilt es, die bundesweit tätige Firma ebenso erfolgreich weiterzuführen, wie sie Gründer Deuker in den vergangenen 40 Jahren durch alle Höhen und Tiefen des Show-Business gesteuert hat.

Blick zurück: Der Ursprung der Konzertagentur Depro liegt auf einem Dachboden im Gemündener Steinweg. In einem Haus dort lebte Deuker zusammen mit seiner Frau Gundi in einer Wohnung. In diesem Haus befand sich im Erdgeschoss ein Gardinengeschäft, in dem sie arbeitete. Auf besagtem Dachboden hatte sich im Jahr 1984 der junge Michael Deuker mit Dieter Rover, der damals bei der Post beschäftigt war, ein kleines Büro eingerichtet. Der in Marburg geborene und gelernte Bank- und Versicherungskaufmann suchte neben dieser Arbeit einen Ausgleich: „Ich brauchte ein Hobby.“ Er spielte zwar Schlagzeug – dies war ihm aber dann doch zu wenig.

Zusammen mit Dieter Rover meldete er bei der Stadt Gemünden ein Gewerbe an. „Das hat damals drei Mark gekostet“, erinnert sich Deuker. Aus Teilen der Nachnamen bildete sich der Firmenname.

In der Mehrzweckhalle in Roßdorf bei Amöneburg veranstalteten die beiden dann im Jahr 1984 einen Disco-Abend, der ein großer Erfolg wurde. Der Gewinn in Höhe von 3000 Mark wurde sofort investiert. Weitere Disco-Abende folgten. Tanzkapellen wurden vermittelt.

Eine berufliche Fortbildung von Michael Deuker in Bayern war es schließlich, die für Depro richtungsweisend wurde. Er lernte in München in einem Biergarten eine damals in den Startlöchern stehende Band kennen, die Münchener Freiheit. Die Musiker suchten nach Auftrittsmöglichkeiten. Deuker stellte sich der jungen Gruppe vor, kam mit ihr ins Gespräch und bot sich für die Organisation eines Auftritts in der Sport- und Kulturhalle in Gemünden an.

Der fand dann auch 1985 in der Wohrastadt statt. Aber: Michael Deuker und Dieter Rover mussten Lehrgeld zahlen. Nur 600 Zuschauer kamen zum Auftritt der Münchener Freiheit. Mindestens 1800 wurden benötigt, um bei einer Gage von 35 000 Mark die Kosten zu decken.

Dieser Rückschlag entmutigte die beiden Jung-Konzertveranstalter aber nicht. Devise: Jetzt erst recht. Sie angelten sich 1987 für Gemünden einen Auftritts-Termin von Joe Cocker im Rahmen seiner Deutschland-Tournee.

Stellte die Münchener Freiheit 1985 trotz des Misserfolgs für Depro dennoch die Weichen, so etablierte sich die Gemündener Konzertagentur nach Joe Cocker mit Volldampf in der bundesdeutschen Musikszene.

Ein wichtiger Antrieb war dabei der einflussreiche Konzert- und Tourneeveranstalter Fritz Rau. Der Kontakt zu ihm entstand durch eine Unicef-Gala am 11. November 1988 in Gemünden. Dies öffnete Depro viele Konzertsäle in Deutschland. Daraus ergaben sich nicht nur geschäftliche Verbindungen, Deuker und Rau verband auch eine lange Freundschaft (Fritz Rau starb im Jahr 2013).

Relativ schnell aber war der konzertante Gipfel in der Wohrastadt erreicht. Deuker, der aus seinem Hobby seinen Beruf machte und schließlich ohne Rover das Unternehmen bis jetzt führte: „Die Gemündener Sport- und Kulturhalle war nicht mehr bespielbar. Technik, Garderoben und noch vieles mehr entsprachen nicht mehr dem damals aktuellen Standard. Und die Gagen der Künstler waren inzwischen zu hoch.“

Gemünden blieb Hauptsitz der Firma. In den Raingärten wurden große Büroräume mit überwiegend transparenten Wänden bezogen. Depro wechselte für seine Konzerte aber die Orte. Es ging nach Fulda, Wetzlar und Alsfeld mit ihren konzertant ausgerichteten Hallen. Es folgten in dieser Region Open-Airs, etwa mit Peter Maffay, Status Quo und den Schürzenjägern.

Bei bundesweiten Großereignissen wie Auftritte von Paul McCartney, Elton John, den Rolling Stones und Scorpions mischte das Deuker-Team mit. Ebenso bei Revolverheld, Santiano, Sido, Foreigner, Marianne & Michael und vielen anderen. Die Tournee von Mundharmonika-Spieler und RTL-Supertalent Michael Hirte wurde von Gemünden aus organisiert.

Bei Produktionen wie Tabaluga und von Rolf Zuckowski redeten die Gemündener ein gewichtiges Wort mit. Lange Zeit wurden ganzjährige Veranstaltungen im Rhein-Main-Theater in Niedernhausen bei Wiesbaden angeboten. Konzerte, Tourneen und Veranstaltungen von Volks- bis Pop-Musik gehörten und gehören zu dem Aufgabenspektrum. Für Juli zum Beispiel laufen Arbeiten für das Butzbach-Open-Air mit Alice Cooper, Caught in the Act, Oli P. Mr. President und Kerstin Ott.

Der Bereich Konzertdienstleistung gewann an Bedeutung für das Unternehmen: Bühnenaufbau, spezielle Bodenbeläge für Stadien, Bestuhlungen aufstellen sowie Sicherheits- und Einlassdienste organisieren erweiterten das Spektrum. Depro gilt als führender Konzertdienstleiter in Deutschland.

Daneben hat sich Deukers Firma auch als Management einen Namen gemacht. Nicki, die Country-Band Schwesterherz und die aus Kassel stammende Sängerin Lea wurden von Depro entsprechend betreut. Ebenso einst Christian Lais und Michael Holm.

Weiterhin von Depro gemanagt wird die in Deutschland, Japan und in den USA auftretende Sängerin Peggy March, und zwar von Michael Deukers Ehefrau Gundi. Die 61-Jährige leitet außerdem den Siebenpunkt-Musikverlag, der zum Depro-Firmengeflecht gehört.

Das  Unternehmen bleibt im Familienbesitz. Während Gundi Deuker weiter in der Firma tätig ist, beendet ihr Mann Michael seine Karriere. Der 65-Jährige: „Ich habe viel Herzblut in die Firma fließen lassen. Ich habe Tiefen erlebt, aber noch mehr Höhen. In dieser Zeit habe ich tolle Menschen kennengelernt, von denen jetzt viele zu meinen Freunden gehören. Daher ist bei meinem Abschied Wehmut dabei. Aber irgendwann fällt der letzte Vorhang. Ohne Zugabe. Auch für mich.“

Gemündener Sport- und Kulturhalle wurde zur Konzertarena

Michael Deuker machte die Gemündener Sport- und Kulturhalle zur Konzertarena: Am 16. Juni 1987 kam Joe Cocker (2300 Zuschauer), am 6. November 1987 Nicki (1500 Zuschauer), am

17. November 1987 Rory Gallagher (1700 Zuschauer), am 12. April 1988 Slavko Avsenik (1000 Zuschauer), am 30. April 1988 Klaus Lage (1300 Zuschauer) und am 13. Mai 1988 Herbert Grönemeyer (4000 Zuschauer).

Bis Anfang der 1990er-Jahre holte Depro noch einige heiße Musik-Nummern in die Wohrastadt. Zum Beispiel Eric Burdon, Sandra, Udo Lindenberg und die Erste Allgemeine Verunsicherung. Spaßvogel Guildo Horn und die Wildecker Herzbuben nicht zu vergessen. Auch bei diesen Konzerten gab es vierstellige Zuschauerzahlen.

Depro: Konzerte, Management, Verlag, Konfektionierung und Logistik

Zum Depro-Firmengeflecht gehören mehrere Bereiche. Die Depro Dienstleistungen GmbH ist seit 1984 im Event- und Konzertbereich tätig. Sie realisiert Konzerte und bislang auch Tourneen von der Idee, über die technische Planung und die Vermietung des Equipments bis hin zum Ticketing und Trucking. Zwölf Mitarbeiter kümmern sich hier um diese Aufgaben, darunter zwei Auszubildende.

Die Depro Verlag GmbH & Co. KG ist für Künstler-Management zuständig.

Mit der Siebenpunkt Verlags GmbH steht zudem die Infrastruktur eines erfolgreichen Musikverlags mit angeschlossenem Label zur Verfügung. Die Mitarbeiter betreuen die Karrieren von zahlreichen Künstlern, Musikern und Autoren. Der Schwerpunkt liegt auf italienischer Musik. Verwaltet werden beispielsweise die Rechte von Hits und Werken von Angelo Branduardi, Adriano Celentano, Toto Cutugno, Enzo Belmonte, Drupi, I Santo California oder Amanda Lear. Der Musikverlag verwaltet so mehr als 29 000 Werke, die über Radio, Download, Streams und Konzerten von den Kunden konsumiert werden.

Ein weiteres Standbein ist die Depro GmbH & Co. KG mit Konfektionierung, Logistik und Lagerung. Dazu zählen auch Verpackungsarbeiten für den Süßwarenhersteller Ferrero. Je nach Saison werden in diesem Geschäftsbereich bis zu 800 Mitarbeiter beschäftigt. Geschäftsführer ist hier Wolfgang Schratz.

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